Explosivwaffen in Wohngebieten - ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Explosivwaffen, wie Raketen, Granaten oder Streumunition richten verheerende Schäden an, wenn sie in bevölkerten Gebieten eingesetzt werden. Über 90 Prozent der Opfer sind Zivilist*innen. Ihre Blindgänger bleiben noch Jahre nach dem Krieg gefährlich. Eine Vielzahl an Staaten hat sich nach langem Tauziehen Regeln für den Einsatz dieser Waffen gegeben. Handicap International versorgt die Opfer, räumt Blindgänger und erinnert die Staaten an ihre Verpflichtungen.
Zuletzt geändert am: 21.05.2025
Das lesen Sie auf dieser Seite:
Was sind Explosivwaffen?
Als Explosivwaffen werden unterschiedliche Typen von Munition wie Raketen, Mörser- und Artilleriegranaten bezeichnet. Dazu zählen außerdem Sprengfallen, Landminen und Streumunition. Sie alle haben eine verheerende Flächenwirkung:
- Der Explosions- und Splittereffekt kann Schaden im Umkreis von mehreren hundert Metern anrichten.
- Kaum eine Waffe trifft vollkommen präzise. Waffen mit mehreren Munitionen verwüsten besonders große Bereiche.
- Sie töten und verletzen Menschen direkt oder indirekt durch einstürzende Gebäudeteile.
- Häufig bleiben sie als Blindgänger liegen und bedrohen die Bevölkerung noch viele Jahre nach Kriegsende

Diese Folgen hat der Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten
Explosivwaffen töten und verstümmeln. Viele der Überlebenden tragen dauerhafte Behinderungen davon und sind schwer traumatisiert. Das alltägliche Leben wird immer gefährlicher und die Brutalität der Angriffe zwingt viele Menschen zur Flucht.
Bei dem Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten wird durch die Flächenwirkung auch immer wieder wichtige Infrastruktur zerstört. Betroffen sind neben Wohnhäusern auch Krankenhäuser, Schulen, Märkte, Straßen und die Wasser- und Stromversorgung. Zerstörte Krankenhäuser verschlechtern die medizinische Versorgung - gerade wenn diese so dringend benötigt wird. Wenn Märkte zerstört werden, verschlechtert das die Versorgungslage zusätzlich - und zerstörte Schulen rauben einer ganzen Generation ihr Recht auf Bildung.
Wenn der Krieg endlich vorbei ist, gibt es aber noch keine Entwarnung: Da einzelne Waffen oder Teile ihrer Munition nicht explodieren, gefährden sie Wiederaufbau und Rückkehr, ähnlich wie Landminen und improvisierte Sprengsätze. Streumunition hat beispielsweise eine Blindgängerrate von bis zu 40 Prozent.
So verheerend wirkten Explosivwaffen weltweit seit dem Jahr 2011:
- Explosivwaffen forderten mehr als 305.000 Tote und Verletzte.
- In bevölkerten Gebieten sind über 90 Prozent der Opfer Zivilist*innen.
- Sogar außerhalb sind 25 Prozent der Opfer aus der Zivilbevölkerung.
Wer sind die Opfer der Bombardierungen mit Explosivwaffen?
Über 90 Prozent der Opfer stammen aus der Zivilbevölkerung, wenn Explosivwaffen in Wohngebieten eingesetzt werden. Tausende Menschen werden jedes Jahr unschuldig und unbeteiligt Opfer dieser Waffen. Hinter jeder Zahl steht ein Mensch. Hinter jedem Menschen steht eine Familie. Und am Ende ist es die gesamte Gesellschaft, die unter den Bombardierungen leidet. Malak und Nujeen sind nur zwei von unzähligen Unschuldigen.
Die Zivilbevölkerung in diesen Ländern ist besonders betroffen
Im Jahr 2024 waren Zivilist*innen in mindestens 74 Ländern und Gebieten von Explosivwaffeneinsätzen betroffen. Das bedeutet, dass in jedem dieser Länder mindestens eine zivile Person getötet oder verletzt oder wichtige zivile Infrastruktur zerstört wurde. Zivilist*innen in 11 Ländern und Gebieten – in der Demokratischen Republik Kongo, in Äthiopien, im Libanon, in Mali, in Myanmar, in Nigeria, den palästinensischen Gebieten, im Sudan, in Syrien, in der Ukraine und im Jemen – galten als besonders stark betroffen.
Mehr als zwei Drittel aller weltweiten zivilen Todesopfer durch Explosivwaffen im Jahr 2024 entfielen auf die Palästinensischen Gebiete. Die Zahl der zivilen Todesopfer durch Explosivwaffen in anderen Ländern und Gebieten als den Palästinensischen Gebieten nahm 2024 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte zu – insbesondere im Libanon, in Myanmar, Syrien und der Ukraine.
Zudem war 2024 eine deutliche Zunahme der Angriffe auf das Gesundheitswesen, Bildungseinrichtungen und humanitären Hilfsmaßnahmen zu verzeichnen. Angriffe auf das Gesundheitswesen, einschließlich Gesundheitseinrichtungen und Krankenwagen, stiegen um 64 % im Vergleich zum Vorjahr an. Angriffe auf Bildungseinrichtungen, wie Schulen, verdoppelten sich 2024 im Vergleich zum Vorjahr. Angriffe auf humanitäre Hilfsmaßnahmen ereigneten sich fast fünfmal häufiger als im Jahr 2023.
Eine politische Erklärung soll das Leid der Zivilbevölkerung lindern
Da der Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten vor allem Zivilpersonen trifft, ist er eigentlich bereits durch das Völkerrecht verboten. Im Genfer Abkommen IV wurde festgelegt, dass in Konflikten weder die Zivilbevölkerung noch zivile Infrastruktur gezielt angegriffen werden dürfen. Nach den völkerrechtlichen Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Unterscheidung müssen bei jedem Angriff Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, um zivile Schäden möglichst gering zu halten und bei jedem Angriff muss zwischen Zivilbevölkerung und Kämpfenden unterschieden werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass das Völkerrecht und der besondere Schutz, unter dem die Zivilbevölkerung steht, wieder mehr Gewicht bekommen. Gemeinsam mit anderen Organisationen aus der Zivilgesellschaft und einer Reihe an engagierten Staaten haben wir über Jahre auf eine gemeinsame politische Erklärung gegen den Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten hingearbeitet. Diese Erklärung soll dafür sorgen, dass Staaten und Armeen ihre Praktiken und politischen Richtlinien ändern. Außerdem sollen sie die Betroffenen unterstützen.
Am 8. November 2022 wurde auf einer Konferenz in Dublin Castle die politische Erklärung zum besseren Schutz der Zivilbevölkerung vor dem Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten (EWIPA) offiziell verabschiedet und ursprünglich von knapp 80 Staaten unterzeichnet – unter ihnen die deutsche Bundesregierung. Nun geht es darum, dass die Erklärung von immer mehr Staaten unterzeichnet wird. Denn je mehr Staaten mitmachen, umso höher ist der Druck auf andere Staaten, das Völkerrecht wieder mehr zu achten und die Zivilbevölkerung zu schützen. Außerdem müssen die Unterzeichnerstaaten die in der Erklärung verankerten militärischen und humanitären Bekenntnisse schnellstmöglich präzisieren und umsetzen.
► Lesen Sie hier alles über die politische Erklärung zu Explosivwaffen
So engagiert sich Handicap International
Seit der Gründung von Handicap International im Jahr 1982 engagieren wir uns gegen die Folgen von Kriegen und explosive Kriegsreste sowie für ihre Opfer. Durch unsere Projekte wissen wir, dass vor allem die Zivilbevölkerung unter diesen Waffen leidet. Deren Schutz ist unsere oberste Priorität. Heute sind wir weltweit die einzige Organisation, die eine Expertise auf vier Gebieten der so genannten humanitären Minenaktion besitzt:
- Wir unterstützen die Überlebenden mit Rehabilitation und Inklusion
- Wir engagieren uns in der Minenräumung
- Wir klären die Bevölkerung über die Gefahren auf
- Wir engagieren uns mit politischer Fürsprache im Rahmen weltweiter Netzwerke
► Lesen Sie hier alles über unseren Einsatz gegen Explosivwaffen
INEW
Im Jahr 2011 schlossen wir uns mit einigen anderen Organisationen zusammen und bündelten unsere Kräfte, um den Angriffen mit Explosivwaffen auf die Zivilbevölkerung ein Ende zu setzen. Gemeinsam gründeten wir INEW - das internationale Netzwerk gegen Explosivwaffen.
Informieren Sie sich weiter:
- Staaten, ändert euch!
Die politische Erklärung - Auf vielen Ebenen:
Unser Einsatz zum Schutz der Zivilbevölkerung
- Alle Zahlen:
Der Explosivwaffen-Monitor - Übersichtlich:
Faktenblatt von Handicap International (pdf) - Bilder und detaillierte Beschreibung von Explosivmunition:
https://osmp.airwars.org/
Berichte und Studien
Portraits aus unseren Ausstellungen
In Zusammenarbeit mit dem Journalisten und Fotografen Till Mayer haben wir zwei Ausstellungen konzipiert, die deutschlandweit verliehen werden. "Barriere:Zonen" und "erschüttert" erzählen bewegende Geschichten von Menschen aus Krisengebieten, von denen viele eine Behinderung haben. Lesen Sie hier Ihre Geschichten.

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